Ein Trans-Test, der das bestätigt, was man sich wünscht
Hexe

„Bin ich trans?“ Diese Frage will ein Online-Test klären. Das neue Portal „trans-jugend“ bietet eine Checkliste, die junge Menschen entwickelt haben, „die sich heute als trans*, nicht-binär, agender oder cis-geschlechtlich verstehen“. Dutzende Multiple Choice Fragen kreisen um die Lebenswelt von Jugendlichen, die kurz davor sind, sich selbst als trans zu definieren, und nur darauf warten, von ihrem Standpunkt mit offenen Armen abgeholt zu werden. Die eindeutige Stoßrichtung der „Checkliste“ leitet aber auch jene, die noch nach Orientierung suchen, weiter in Richtung Transition.

Die vom Bundesverband Trans* e.V. betriebene Seite agiert trans-affirmativ und verzichtet dabei auf differenzierte Betrachtungen zu den Ursachen für Identitätskrisen oder dem seelischen Hintergrund für die Überzeugung im „falschen Körper“ zu stecken. „Würdest du gern deinen Vornamen ändern?“, lautet eine Frage, und eine andere, ob man sein körperliches Geschlecht gern ändern würde. Na klar, Jugendliche, die sich selbstbewusst als „trans“ definieren, wollen genau das. Mit dem Klick auf die entsprechende Antwort kommt die Bestätigung geliefert wie bestellt.

„Freu dich über die Klarheit“

Wer zum Beispiel unter der Frage „Wenn du heute zu dem Schluss kommst: ‚Ich bin trans*‘, wie würde sich das anfühlen?“ die Antwort „Erleichternd.“ oder „Beängstigend aber richtig.“ ankreuzt, und eine zweite Kontrollfrage entsprechend beantwortet, erhält das Ergebnis:

Klingt eigentlich, als wüsstest du schon, dass trans* gerade ein passendes Label für dich sein kann. Dann freu dich über die Klarheit, probiere es aus, und genieße es, du selbst zu sein. Hier auf dem Portal findest du noch viele Infos zum Klarkommen, klick dich einfach mal durch.

Psychische Vorerkrankungen, Pubertätskrisen und familiäre oder soziale Konflikte, die der Selbsteinschätzung „ich bin trans“ häufig vorausgehen, werden in dem Test nicht abgefragt. Sie werden lediglich in einem kurzen Hinweis abgehandelt: „Der Test ist nicht dazu geeignet, psychische Krisen, Krankheiten oder Belastungsreaktionen zu behandeln.“ Ein Satz, der so klingt, als wolle man sich juristisch absichern.

Und auch an anderer Stelle scheinen Verantwortliche den Aktivismus der Checklisten-Entwickler etwas relativiert zu haben: „Beim Thema trans* kann die Antwort nur aus dir selbst kommen. Keine Freund*innen, kein Online-Test und auch keine Psycholog*in können in dich hineinsehen.“

„Empowerment“ mit „bestärkenden Übungen“ aber kein Hinterfragen

Die Seite „trans-jugend“ lässt insgesamt jedoch keinen Zweifel daran aufkommen, welche Antwort da in einem schlummert. Sie ist randvoll mit Porträts von jungen Transitionierten, die ihre Zweifel hinter sich gelassen und ihren Weg gemacht haben. Mit frischem Selbstbewusstsein und neuer Lebensfreude erzählen sie ihre Geschichten. Die Absicht ist offensichtlich: Die Unentschlossenen emotional abholen und ihnen möglichst viel Identifikationspotential bieten.

Sämtliche Inhalte ermutigen die Suchenden und Fragenden, sich selbst queer auszuprobieren. „Empowerment“ mit „bestärkenden Übungen“ ist das ganz große Thema der Seite und das nicht nur für die ohnehin schon von ihrer Trans-Identität überzeugten, sondern vor allem auch für jene, die tatsächlich noch offene Fragen haben.

Besonders nachdrücklich in Richtung „trans“ gelotst werden nämlich alle, die noch „Questioning“, also fragend sind. Selbst wenn man unter den Antworten jene auswählt, die Zögern und Ergebnisoffenheit zum Ausdruck bringen, erhält man ein Fazit, das nur darauf abzielt, Unsicherheit in Richtung trans aufzulösen, indem man sich zum Beispiel mit älteren „trans*Personen“ austauscht:

Wenn du an deine Zukunft denkst, scheinst du ziemlich sicher zu wissen, dass du trans* bist. Sorgen und Zweifel sind dabei normal. Vielen Menschen in deiner Situation hilft es, sich mit älteren trans* Personen auszutauschen. Auch Erfahrungsberichte werden oft als hilfreich erlebt, um mit den eigenen Zweifeln umzugehen.

Auch Learning by Doing wird empfohlen, um Zweifel auszuräumen:

Ein Wochenende lang einen anderen Namen testen, zu einer Party im für dich passenden Outfit gehen, eine Fotosession mit verschiedenen Geschlechter-Inszenierungen machen – das alles kann helfen, sich klarer zu werden.

Selbst Unsicherheiten im Sexuellen werden herangezogen, um trans als Option anzubieten:

Manche Leute, die asexuell und/oder aromantisch sind, verstehen sich zugleich auch als trans* oder agender.

Es ist nicht ungewöhnlich, dass gerade junge Mädchen gegen die Hypersexualisierung und Porno-Normalität in ihrer Generation eine Abwehrhaltung entwickeln und sich deshalb für „asexuell und/oder aromantisch“ halten. Ihnen wird nun nahegelegt, womöglich auch noch „trans“ zu sein.

Spiel mit den Sehnsüchten isolierter Teenager

Das wichtigste Mittel, um junge Zweifelnde und Unentschlossene vollends in die Trans-Szene zu ziehen, sind Peer-to-Peer-Beratungsstellen. Der Austausch auf Augenhöhe mit Gleichaltrigen, die in ihrer Transition schon ein oder zwei Schritte weiter sind, bietet genau das, was bei verunsicherten Jugendlichen emotional den Sack zu macht: Annahme, Freundschaft, jemand der zuhört, Leute die selbstsichere Vorbilder sind, glückliche Vorher-Nachher-Geschichten, sowie Anschluss und Selbstwirksamkeit in einer Gruppe. Hier werden Sehnsüchte angesprochen. Sehnsüchte von Teenagern, die in ihrer Klasse häufig isoliert sind oder in ihrer Familie eine Krise erleben. In den queeren Communitiys, auch online, entsteht der finale Sog in den Trans-Kult.

Es kommt also nicht von ungefähr, dass auf einer Seite der Lobbyorganisation „Bundesverband Trans* e.V.“ der Trans-Test zu einer verlinkten Liste mit bundesweit 235 Anlaufstellen und zu Terminen für Online-Workshops mit „bestärkenden Übungen“ rund um die Trans-Identität führt:

Klingt so, als wäre die Zeit für deine Entscheidung noch nicht ganz reif. Und das ist völlig in Ordnung. Das Label dafür wäre „Questioning“. Die Klarheit wird mit der Zeit in dir wachsen – in die eine oder andere Richtung. Und übrigens: auch Leute, die sich gerade als Questioning verstehen, sind herzlich willkommen zu Events und Workshops. Das ist der ideale Raum, um sich weiter auszutauschen. Siehe Anlaufstellenfinder und Termine TRANS* – JA UND?!

Ist in der Community nach dem Trans-Hype der Corona-Jahre die Zahl neuer Mitglieder etwa rückläufig? Die Checkliste, die vorgibt, zum Nachdenken anzuregen, zementiert bereits getroffene Selbstdiagnosen und lenkt all jene, die mit ihrer Identität unsicher sind, auf die Einflusssphäre der Trans-Aktivisten.

Kein Test kann Trans-Identität bestätigen

Immerhin einen wahren Satz bietet der Test: „Kein Online-Test kann in dich hineinsehen.“ Noch präziser wäre: Kein Test kann zu dem Ergebnis kommen, dass jemand „trans“ ist. Und das kann auch kein Psychiater, nicht einmal die Betroffenen selbst. Man kann unglücklich sein mit seinem Körper, seinem Geschlecht und seinem Leben, traumatisiert und seelisch ernsthaft krank. Aber ein Wissen darüber, wie sich ein Leben im anderen Geschlecht anfühlt, ist nicht möglich. Das heißt, ein Trans-Test ist ziemlich sinnfrei.