Warum es ein gutes Zeichen ist, den Trans-Day verpasst zu haben
Wasserfall

Am 20. November war der Trans Day of Rememberance. Der internationale Tag der Erinnerung an die Opfer von Transfeindlichkeit wurde dieses Jahr vor allem in Berlin Tempelhof-Schöneberg gefeiert. Die Trans-Flagge wurde gehisst und ein Foto gemacht.

Die sich zuspitzende Gewalt gegen Menschen der queeren Community treffe transgeschlechtliche Menschen besonders stark, heißt es in der Pressemeldung des Bezirksamts anlässlich der gehissten Trans-Flagge.

Auch der Tagesspiegel berichtet über ein schwules Paar, das Berlin wegen homofeindlicher Attacken den Rücken kehrt. „Es gibt Kieze, in die traust du dich als Schwuler nicht mehr“, sagt das Pärchen. Es hagele Sprüche wie „Ich steche dich ab, du Schwuchtel.“ Berlin sei nicht mehr die Stadt, die sie vor 30 Jahren lieben gelernt hätten.

Unerwähnt bleibt, was sich in den letzten Jahrzehnten in deutschen Großstädten geändert hat. Nicht ausgesprochen wird, von wem die verbalen und körperlichen Anfeindungen gegen Menschen ausgehen, die augenscheinlich als queer einzuordnen sind.

Trans-Outing: Ein mutiger Schritt?

Nur sehr allgemein schrieb das Deutsche Institut für Menschenrechte zum Trans Day von „fehlender gesellschaftlicher Anerkennung“, von „Anfeindungen“ und „anhaltenden Diskriminierungserfahrungen“. – Also wieder einmal die transphobe Gesellschaft.

Auch Arztpraxen und Krankenhäuser seien vielfach Orte der Diskriminierung, behauptet das Institut. Es verschweigt, dass sich Ärzte und Therapeuten, die den vorherrschenden trans-affirmativen Kurs nicht mittragen wollen, juristisch angreifbar machen. Einige geben ihren Beruf deshalb auf.

Der öffentliche Diskurs ist alles andere als transphob. Seit über einem Jahr gibt es das Selbstbestimmungsgesetz. Gefühlt jede extrovertierte Trans-Person bekommt ihren eigenen Medienbericht, egal ob C-Promi, Schulkind oder Opi. Und gerade an Schulen und Universitäten ist im Zuge eines Trans-Outings keine Diskriminierung zu befürchten, sondern ganz im Gegenteil ein gesellschaftliches Upgrade zu erwarten.

Der viel gepriesene „mutige Schritt“ wäre solch ein Outing tatsächlich nur in jenem Milieu, das wir im obigen Absatz zu Berlin vorsichtig andeuten. Also eher in der Shisha-Bar als im Sozpäd-Seminar. Auf dem Uni-Campus braucht es hingegen Mut, wenn man naturwissenschaftlich argumentiert, die trans-affirmative Behandlung von Minderjährigen kritisiert, oder zu oft von Mann und Frau spricht. Letzteres kann sogar tödlich enden.

Die meisten Trans-Menschen wollen einfach nur ihre Ruhe

So wie viele Schwule CSD-Paraden meiden, so finden vermutlich auch etliche Trans-Menschen den zelebrierten Opfer-Status peinlich. Eine sichtbar queere Identität, also der Spitzenplatz auf der Benachteiligungspyramide macht zwar in gewissem Maße sakrosankt aber niemanden zu einem besseren Menschen.

Eine seit Dienstag in Berlin vor Gericht stehende Trans-Frau warf mehrere Pflastersteine von einer Brücke auf die Autobahn A 100. Politisch korrekt ließe sich einwenden, die Geschlechtsidentität des Täters habe in dem Bericht nichts zu suchen. Doch warum eigentlich nicht: Wenn Straftaten gegen LSBTIQ-Personen gesondert statistisch erfasst werden, warum dann eigentlich nicht auch umgekehrt? Will man mehr Sichtbarkeit oder mehr Normalität?

So gesehen ist es vielleicht ein gutes Zeichen, dass wir vom Trans Day erst mit reichlicher Verspätung mitbekommen haben. Die meisten Menschen, die sich mit einer anderen Geschlechtsidentität wohler fühlen, wollen einfach nur in Ruhe ihr Leben leben, anstatt Flaggen zu hissen oder sich in der Lokalpresse zu präsentieren. Wer jedoch sein Trans-Sein zum zentralen Identitätsbaustein und Lebensinhalt macht, ständig für queere Sichtbarkeit sorgt, aber gleichzeitig überall Diskriminierung wittert, der geht buchstäblich baden mit seinem Anliegen, für mehr Normalität zu sorgen.