Vor 25 Jahren baute der Endokrinologe Prof. Johannes Huber an der Wiener Uniklinik eine Trans-Ambulanz auf und ermöglichte viele medizinische Geschlechtsangleichungen. Heute warnt er im Interview mit der Emma vor übereilten Transitionen von biologischen Mädchen, die sich dem anderen Geschlecht zuordnen. Pubertätsblocker und die lebenslang notwendige Hormonbehandlung bei einer Geschlechtsumwandlung würden immense Schäden nach sich ziehen.
Wir haben die wichtigsten Aussagen von Prof. Johannes Huber zusammengefasst:
„Mit einer Hormonbehandlung kann man den Phänotyp verändern, also die äußere Erscheinung des Menschen, aber nicht in den Genotyp eingreifen“, betont Huber. Das heißt, wer genetisch eine Frau ist, kann nur äußerlich „eine graduelle Veränderung“ hin zu einem männlichen Erscheinungsbild erreichen.
Aus Erfahrung weiß der Hormonspezialist, dass die Umwandlung von einer biologischen Frau zu einem Trans-Mann weitaus komplexer ist als umgekehrt und den größeren medizinischen Eingriff darstellt. Selbst wenn die Eierstöcke entfernt werden, kann der weibliche Körper weiter das Sexualhormon Östrogen produzieren, dass für ein weibliches Erscheinungsbild verantwortlich ist.
„Deshalb gibt man einen Aromatase-Hemmer“, erklärt Huber. „Das ist ein Medikament, das die Östrogenproduktion in den Muskel- und Fettzellen hemmt. Es wird eigentlich in der Krebstherapie eingesetzt. Und hat Nebenwirkungen wie Beschwerden in Muskeln und Gelenken, verringerte Knochendichte oder verursacht, wenn auch seltener, Thrombosen oder Schlaganfälle.“
„Ein enormer Eingriff in den Körper“
Doch das sind nicht die einzigen Risiken, die mit der dauerhaften Einnahme des Medikamentencocktails einhergehen. Dort, wo künstliche Hormone zum Einsatz kommen, hat man in Studien, ein erhöhtes Krebsrisiko festgestellt. Selbst Medikamente mit eher geringen Dosen, die zum Beispiel Mädchen und junge Frauen gegen unreine Haut verschrieben bekommen, haben die Europäische Arzneimittelagentur auf den Plan gerufen. Die Verwendung dieses Medikaments sei wegen des Hirntumor-Risikos inzwischen eingeschränkt, sagt Huber, und in der Gynäkologie „gibt es eine große Diskussion, ob man diese Präparate überhaupt noch verschreiben soll.“ Auch ein Medikament mit bioidenten Hormonen, das nur kurzzeitig an Frauen in der Menopause verschrieben wurde, habe für einen Skandal gesorgt, zählt Huber ein weiteres Beispiel auf.
Wenn es jedoch um die Hormonbehandlungen von angeblich transgeschlechtlichen Jugendlichen geht, kommen keine bioidenten sondern gegengeschlechtliche Hormone zum Einsatz, und dies nicht nur kurzzeitig sondern ein Leben lang. Das sei ein enormer Eingriff in den Körper, bei dem das Chaos rund um die Sexualfunktion noch das geringste Problem sei, warnt Huber. Es sei erstaunlich, wie wenig darüber gesprochen werde. „Deshalb bin ich ja auch der Ansicht, dass man das jungen Menschen nicht als eine einfache Behandlung verkaufen oder gar anpreisen darf“, stellt Huber klar.
Pubertätsblocker – „Das ist eine Katastrophe!“
Gerade bei den vielen Mädchen, die das Geschlecht wechseln wollen – von 80 Prozent der Jugendlichen spricht Huber – würden häufig andere seelische Probleme zugrunde liegen. Daher sei es heikel, wenn man die psychologische Betreuung ausklammere, so wie das in Deutschland jetzt mit dem „Selbstbestimmungsgesetz“ geplant sei. Der Artz findet deutliche Worte: „Dass schon Jugendliche einfach zum Standesamt gehen und ihren Geschlechtseintrag ändern können, und das auch noch einmal im Jahr – da fehlen einem die Worte, so ein Blödsinn ist das.“
Auch die Behandlung von Kindern mit Pubertätsblockern hält Huber für eine Katastrophe. Man wisse über das bisher nur in seltenen Fällen bei zu früher Pubertät eingesetzte Medikament viel zu wenig, weshalb Schweden, England und Finnland die Behandlung von Kindern mit Pubertätsblockern untersagt hätten. Es gäbe keine klinischen Studien, wie sich das Medikament, das eigentlich aus der Krebstherapie komme, etwa auf das Knochensystem, die Gehirnentwicklung oder auf das Immunsystem und das Mikrobiom im Darm auswirke.
Das ursprünglich für einen anderen Zweck entwickelte Medikament wird bei Kindern, die sich für trans halten, also im Off-lable-use eingesetzt, und dies womöglich auch über längere Zeiträume als in der Krebstherapie. Für den Arzt, der selbst viele Trans-Patienten begleitet hat, ein Skandal: „Ich bin überrascht darüber, dass man ansonsten in der Medizin immer hundertprozentig sicher gehen und ja kein Risiko eingehen will. Und ausgerechnet bei diesen Kindern und Jugendlichen fegt man das alles von Tisch!“